Pressemitteilung bezüglich der Vertragskündigung vieler Wasserhäuschen-BetreiberInnen

In den Vergangenen Tagen nahm das Thema der Vertragskündigung bei einer Vielzahl von BetreiberInnen mehr Fahrt auf. Die Berichterstattung dazu läuft auf Hochtouren. Um Anfragen an uns zu bündeln findet ihr im Folgenden unser Statement und unsere Einschätzung zu dem Thema, sowie unsere klaren Forderungen hinsichtlich der neuen Verträge.

In der Tat wurde, nach langem Hin und Her, vielen BetreiberInnen in Frankfurt die aktuellen Verträge, bei denen die Radeberger Gruppe als Zwischenpächter zwischen Stadt und BetreiberInnen agierte, gekündigt. Als Frankfurter Verein zum Erhalt der Trinkhallenkultur waren wir an diversen Diskussionsrunden disbezüglich in der Vergangenheit beteiligt. Als das Thema bereits vor zwei Jahren aufkam, hatten wir im Dialog mit unterschiedlichen BetreiberInnen Vor- und Nachteile beleuchtet und Bedenken gegenüber neu aufgesetzten Pachtverhältnissen, z.B. direkt mit der Stadt Frankfurt, gesammelt und an die Verantwortlichen herangetragen. An den tatsächlichen Entscheidungsrunden zwischen der Stadt Frankfurt und der Radeberger Gruppe waren wir nicht beteiligt. Vielmehr haben wir, zu unterschiedlichen Zeitpunkten, Impulse im Sinne der BetreiberInnen gesetzt.

Dass das gesamte Pachtverhältnis – Stadt, Radeberger, Betreiber – als schwierig anzusehen ist, war bereits in der Vergangenheit kein Geheimnis. Ursprung der gesamten Diskussion war, wie bekannt sein sollte, seiner Zeit die Neubewertung der Liegenschaften seitens der Stadt Frankfurt, die, aufgrund der Bestehenszeit der laufenden Verträge, teilweise zu einer heftigen Steigerung der Pacht führte. Diese Steigerung wurde direkt und ohne Abzüge an die Betreiber weitergegeben. Zur Frage, ob die Radeberger Gruppe auf die eigentliche Steigerung weitere Kosten aufgeschlagen hat, können wir uns leider aufgrund fehlender Informationen nicht äußern.

So weit, so gut – oder auch nicht. Wir stehen weiterhin zu unserer Aussage von damals, die wir auch in den entsprechenden Gesprächen kundgetan haben: Selbstverständlich ist die direkte Weitergabe der Kostensteigerung durch die Radeberger Gruppe, rein rechtlich gesehen, einwandfrei. Hier wird aber ganz klar an dem eigentlichen Ziel, das auch die Radeberger Gruppe verfolgen sollte, vorbeigeschossen. Denn: Für die Radeberger Gruppe sind die Frankfurter Wasserhäuschen günstige „Points of Sales“. Orte also, die wenige Kosten verursachen, aber das zentrale Produktionsgut des Unternehmens unter das Volk bringen. Davon, aber auch von der Tatsache, dass es effektive Werbeträger für die Brauerei sind, profitiert das Unternehmen unserer Ansicht nach immens. Darüber hinaus nutzt die Binding Brauerei bereits seit einigen Jahren das Thema Wasserhäuschen wieder verstärkt zu Werbezwecken. Bisher profitierten davon beide Seiten.

Die Kostensteigerungen sind für so ziemlich alle BetreiberInnen nicht zu tragen und führen mit ziemlicher Sicherheit sehr bald zu diversen Geschäftsaufgaben. Es hätte also eigentlich im Sinne der Radeberger Gruppe sein sollen, die Kostensteigerung deutlich abzufedern und somit den Betreibern weiterhin eine Grundlage für ihr Wasserhäuschen bereitzustellen.

Das ist aber nur eine Sicht auf die Dinge. So unglücklich sich die Radeberger Gruppe hinsichtlich der Weitergabe der Pachterhöhung angestellt hat, so hat sich die Stadt in ihrem ursprünglichen Tun, nämlich die Liegenschaften neu zu bewerten, mindestens genau so misslich angestellt. Die Fragen, was die Stadt damit eigentlich erreichen wollte, und ob das durch Stadtdezernent Jan Schneider geführte Dezernat hier überhaupt annähernd weit genug gedacht hat, welche Folgen das für die BetreiberInnen haben könnte, muss berechtigt sein. 2017 haben wir mit Unterstützung der Stadt Frankfurt den Wasserhäuschentag durchgeführt. Dabei wurde von allen offiziellen Stellen stets die Wichtigkeit dieser sozialen Treffpunkte betont. Es stand und steht weiterhin sogar zur Debatte, die Wasserhäuschen als Frankfurter Kulturgut unter einen besonderen Schutz zu stellen. Der Plan, Preissteigerungen von teilweise an die 100% durchzudrücken, widerspricht in jeglicher Hinsicht den Bekenntnissen aus dem Jahr 2017.

Wir als Verein Linie 11 zeigen deshalb mit beiden Zeigefingern auf beide beteiligten Parteien: Die Radeberger Gruppe hätte entweder die Steigerung deutlich abfedern müssen – auch im eigenen Interesse – oder die Stadt Frankfurt hätte sich im Vorfeld mehr Gedanken zu den Auswirkungen machen sollen. Dann wäre wohl schnell herausgekommen, dass die Neubewertung vielleicht nicht die klügste Entscheidung zur Schaffung einer jungen, Lebenswerten Stadt ist.

Nun sind wir an einem Punkt, an dem die Reißleine gezogen und in letzter Konsequenz der Zwischenpächter aus der Konstellation „entfernt“ wurde, sodass sogar ein Abfedern der Steigerung gar nicht mehr möglich ist. Im Gespräch mit der Stadt Frankfurt wurde uns versichert, dass alle Betreiber einen neuen Vertrag bekommen. Die Frage ist nur: Zu welchen Konditionen? Die bisherige Konstellation mit der Radeberger Gruppe als Zwischenpächter hatte nämlich nicht nur Vorteile. Z.B. sind BetreiberInnen in diesem Verhältnis an die Produkte der Radeberger Gruppe gebunden. Das bedeutet, dass sie das Sortiment, das sie vielleicht gerne anbieten würden, gar nicht verkaufen dürfen. Darüber hinaus existieren auch Mindestabnahmemengen. BetreiberInnen gehen einen Vertrag ein, der festschreibt, welche Mindestmenge an Getränken, in der Regel Bier, in einem bestimmten Zeitraum verkauft werden muss. Durch ein direktes Verhältnis mit der Stadt Frankfurt würden beispielsweise solche Bindungen entfallen.

Die Frage ist also nun: Bleibt unterm Strich eventuell alles gleich, oder wird es besser oder schlechter? Eine Antwort darauf ist momentan schwer zu geben, denn dafür stehen noch zu viele Unbekannte im Raum.

Wir fordern deshalb die Verantwortlichen bei der Stadt Frankfurt nochmals eindringlich dazu auf, folgendes zu gewährleisten:

  • Keine Steigerung der monatlichen Pacht – oder – entsprechende Entlastung an anderer Stelle, z.B. durch Kostenübernahme der Toilettenpflege. Unterm Strich dürfen die BetreiberInnen mit dem neuen Vertrag nicht weniger in der Tasche haben
  • Durchführen einer Einzelfallbetrachtung und Begutachtung vor Ort. Mit dem Eimer eine Erhöhung auf Basis eines Stadtplans pauschal über alle Betreiber zu kippen ist nicht tragbar
  • Direkter Dialog mit jeder einzelnen BetreiberIn um die Folgen einer Vertragsänderung konkret und im Detail zu analysieren

Es darf nicht vergessen werden, dass, gerade innerhalb der letzten Monate einer weltweiten Pandemie, gezeigt wurde, wie wichtig Wasserhäuschen für die allgemeine Versorgung und das Wohlbefinden sind.

Abschließend richten wir nochmals einen deutlichen Apell an die Verantwortlichen und EntscheiderInnen: Ihr möchtet, dass Frankfurt jung, bunt und lebenswert ist? Dann entzieht durch solche kurzsichtigen Entscheidungen nicht denen die Existenzgrundlage, die dafür jeden Tag mit Herzblut, Liebe und einem schier endlosen Maß an Energie dafür arbeiten.

Liebe Grüße

Euere Linie 11

Pachterhöhung: Austausch mit StR. Jan Schneider

Wie angekündigt hatten wir am gestrigen Montag einen ausführlichen Termin im Liegenschaftsdezernat der Stadt Frankfurt, um uns mit Stadtrat Jan Schneider über die Pachterhöhung der 11 Frankfurter Wasserhäuschen auszutauschen. Wir hatten so die Gelegenheit, die Interessen, Bedenken und Wünsche der Betreiber und Betreiberinnen an einer der entscheidenden Stellen der Stadt anzubringen und den Stimmen der Betroffenen Gehör zu verleihen.

Ca. zwei Stunden saßen wir zusammen und haben die zentralen Themen der letzten Wochen diskutiert, Hintergründe besser verstehen und unsere Meinung vertreten können. Schnell wurde klar, dass die gesamte Geschichte hoch komplex ist. Unterschiedliche Verträge, Gesetze, Richtlinien und Befindlichkeiten machen das Thema nicht auf einfachem Wege lösbar.

Was wir zum aktuellen Zeitpunkt definitiv sagen können: Die Stadt Frankfurt befindet sich in regem Austausch und tiefernster Diskussion mit der Radeberger, welche die Grundstücke für einige der in Frankfurt stehenden Wasserhäuschen gepachtet hat. 11 dieser Grundstücke haben vertragliche Besonderheiten, die dazu geführt haben, dass die Erhöhung der Pacht für diese Grundstücke seitens der Stadt an die Radeberger weitergegeben wurde. Man verhandle aktuell darüber, welche Lösung man finden kann, um für alle Beteiligten eine einvernehmliche und vertretbare Lösung zu finden. Ohne, dass sich beide Parteien bewegen, wird das allerdings nicht funktionieren. Man habe sich in der letzten Woche getroffen, diskutiert, verschiedene Lösungen beleuchtet, allerdings keine Lösung gefunden.

Die Betreiber und Betreiberinnen der 11 Wasserhäuschen erhalten somit eine kurze Verschnaufpause: Ein Termin für ein erneutes Treffen stehe noch nicht fest. Bis dahin bleibt erst einmal alles beim Alten. Wir haben uns gestern die unterschiedlichen Lösungsvorschläge der Stadt aufzeigen lassen und sehen dabei einige sehr attraktive Lösungsvorschläge. Natürlich gehören dazu, wie gesagt, immer zwei: Diese Lösungsvorschläge gilt es nun zu diskutieren und zu bewerten. Aber: Das wird noch etwas dauern.

Wir bewerten das Ergebnis des gestrigen Austauschs sehr positiv. Wir hatten nun, nach unserem Termin am Wasserhäuschen an der Holbeinstraße mit OB Peter Feldmann, die Möglichkeit, unsere Anliegen an einer weiteren Stelle anzubringen und unsere Meinung vor einer Instanz zu vertreten, die künftig im Fortbestand der Wasserhäuschenkultur eine zentrale Rolle spielen wird. Dies wurde auch wohlwollend aufgenommen.

Die Denke verändert sich, und das ist ein gutes Zeichen. Für’s Erste heißt es aber: Abwarten, beobachten, aber vor allem: Die Sache nicht aus den Augen verlieren!

Wir halten euch auf dem Laufenden – versprochen!